Sukkut und Shabbat: Meine ersten Tage in Israel
Mit meinem Austauschsemester in Tel Aviv wird für mich ein Traum wahr. Als ich ankam, fand ich einen lebendigen und einladenden Campus, kulturelle Unterschiede und neue Dankbarkeit für Übersetzungssoftware - und das alles in einer Stadt, die niemals schläft.
Ein Traum wird wahr...
Im Nahen Osten zu leben und seinen außergewöhnlichen kulturellen Reichtum und seine Vielfalt zu erleben, ist ein Traum, den ich schon sehr lange hege. Allein in Israel leben Menschen mit mehr als sechs verschiedenen Ethnien zusammen, sprechen verschiedene Sprachen und praktizieren unterschiedliche Religionen. Ich wollte diese faszinierende Realität, die sich so sehr von Europa unterscheidet, selbst erkunden. Als ich sah, dass die Tel Aviv University (TAU) zu den Austauschpartnern der HU gehört, zögerte ich nicht eine Sekunde, mich zu bewerben. Außerdem schien es mir gar keine schlechte Idee zu sein, den Winter weit weg von meinem geliebten, aber sehr kalten Berlin zu verbringen!
Ähnliche Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, als ich am Flughafen in Rom ankam - bereit, mich in mein Abenteuer zu stürzen. Drei Stunden später landete ich auf der anderen Seite des Mittelmeers, voller Aufregung. Als ich aus dem Fenster des Taxis schaute, das in Richtung Tel Aviv sauste, konnte ich sehen, wie sich große, violette Bougainvillea-Sträucher aus der staubigen Wüstenlandschaft erhoben. Es war unglaublich, wie ihre Farbe durch das helle Licht des Nahen Ostens noch intensiviert wurde. Bei diesem Anblick wurde mir klar, dass ich mich jetzt auf einem anderen Kontinent befand. Langsam verwandelte sich die Wüste in ein im Bau befindliches Stadtviertel, das von modernen Wolkenkratzern geprägt war: Ich begriff, dass ich endlich in dieser anderen "Stadt, die niemals schläft", angekommen war.
Enteckungen in einem neuen Land
Die kulturellen Unterschiede fielen mir gleich zu Beginn auf. Ich kam an einem Sonntag an; da aber der Samstag (Schabbat) der letzte Tag der israelischen Woche ist, waren die Supermärkte und Geschäfte geöffnet. Undenkbar in Deutschland! Ich fand es sofort amüsant - die wichtigsten monotheistischen Religionen der Welt feiern Gott an drei verschiedenen Wochentagen: Die Muslime am Freitag, die Juden am Samstag und die Christen am Sonntag. Mir wurde auch klar, dass ich diese Unterschiede bei der Planung meiner Reisen durch das Land berücksichtigen musste.
Der Tag meiner Ankunft war zufällig der erste Tag von Sukkot, einem der wichtigsten religiösen Feiertage Israels: Mit diesem Fest wird an die 40-jährige Wüstenwanderung des jüdischen Volkes auf dem Weg ins Gelobte Land erinnert. Zu diesem Anlass bauen die Gläubigen Hütten, in denen sie eine Woche lang essen und schlafen, so wie es ihre Vorfahren taten. Ich musste mich beeilen, um etwas zu essen zu kaufen, da die Lebensmittelgeschäfte in den nächsten zwei Tagen geschlossen bleiben würden. Und m Supermarkt stand ich vor einem weiteren großen Problem: Ich konnte die Etiketten der Produkte, die ich kaufte, nicht lesen. Da ich bisher nur europäische Sprachen gelernt habe, habe ich nie ein anderes Alphabet als das lateinische kennengelernt... Und plötzlich war ich Analphabetin! Ich will nicht lügen: Es ist eine seltsame, destabilisierende Erfahrung. Aber davon sollte sich niemand abschrecken lassen: Da gibt es Lösungen!
Die Universität Tel Aviv bietet sowohl Hebräisch-Intensivkurse als auch Arabischkurse an. Außerdem "kauen" die meisten Israelis ein wenig Englisch - eine Sprache, in der auch die Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel angezeigt werden. Und zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Die Google-Translator-App kann ein wahrer Lebensretter sein. Man braucht nur Schrift mit der Handykamera zu scannen, zum Beispiel die Beschriftung von Produkten, die man kaufen möchte: Wie von Zauberhand erscheint der Text in der eigenen Sprache! Ehrlich gesagt, war ich der Technik selten so dankbar wie in den ersten Tagen nach meiner Ankunft hier.
Ein herzliches Willkommen auf einem fantastischen Campus
Bevor es mit den Vorlesungen losging, hatte die Gastuniversität zwei Tage voller Willkommensveranstaltungen für uns Austauschstudierende organisiert. Die Mitarbeiter*innen hatten Buffets, Spiele und sogar eine Party auf dem Campus vorbereitet, um uns miteinander in Kontakt zu bringen. Außerdem stellte die Universität ihre zahlreichen Organisationen und Clubs vor. Wofür auch immer du dich interessierst, hier wirst du Leute finden, denen es auch so geht. Unter den vielen sozialen Initiativen der TAU gibt es Sportvereine, eine Model-UN-Vereinigung, einen Umweltclub sowie eine LGBT+-Gruppe und eine Gruppe arabischer Feministinnen.
Die Universität bietet nicht nur erstklassige Lehre, sondern tut auch ihr Bestes, damit die Studierenden ihre Zeit auf dem Campus genießen können. Zu diesem Zweck lädt sie häufig lokale Künstler*innen ein, in den Gärten der Hochschule aufzutreten (vor etwa zwei Wochen habe ich zum Beispiel ein Konzert des berühmten israelischen Rappers Tuna gesehen) und organisiert Ausstellungen und Filmvorführungen. Auf dem Campus findet man nicht nur die Gebäude der verschiedenen Fakultäten und Bibliotheken, sondern auch Fast Food, Sportanlagen, Museen und die berühmte Cymbalista-Synagoge. Dazwischen gibt es Rasenflächen, auf denen man sich in die Sonne legen kann, die hier im November noch kräftig scheint.
Was kann ich noch hinzufügen? Ich finde es bisher wirklich toll hier. Das Leben in einer so anderen Realität lehrt mich eine Menge. Natürlich habe ich manchmal Heimweh, aber das gehört dazu. Und weißt du was? Wenn ich auf das wunderschöne Mittelmeer schaue, fühle ich mich am Ende gar nicht so weit weg von zu Hause.
(Veröffentlicht: 14.11.2022)
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